Kaffee in Uganda: So bedroht der Klimawandel Pflanzen und Bauern

2022-05-27 17:34:51 By : Wing Mo

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25. Mai 2022 · Für ihr Aroma und das Koffein werden die gerösteten Bohnen heiß geliebt. Aber der Klimawandel macht den Kaffeepflanzen zunehmend zu schaffen – und die Bauern ernten weniger. Eine Reportage aus Uganda.

Plopp, plopp, plopp. Nach einer Viertelstunde bedecken die Kaffeekirschen den Boden der Schüssel. Schneeweiß blühen die Sträucher im Frühjahr, und aus jeder befruchteten Blüte entwickelt sich eine kräftig grüne Steinfrucht; rot färben sich dann die reifen. Gut vier Meter ragen hier die Rötegewächse mit ihren charakteristisch gerippten Blättern in die Höhe, wilde Exemplare können durchaus Baumformat erreichen.  

Eine Kirsche ist ihm in der Hand geplatzt. Sie hat einen schwarzen Rand, „zu viel Sonne“, Kimasi wirft sie weg. Jetzt ist nicht die Zeit der Haupternte, sondern eine Nebensaison mit „fly crop“, wie die Farmer hier sagen. Er nutzt diese Früchte, um frische Pflanzen zu ziehen. Neue Züchtungen sind wertvoller denn je: Sechzig Prozent aller Kaffeesorten sind durch den Klimawandel bedroht. Besonders stark trifft es Coffea arabica, die ursprünglich aus Äthiopien stammende Art. Ihr Anteil an der Weltproduktion lag 2020 bei 56 Prozent. Sie ist Basis für edlen, aromatischen Arabica-Kaffee. Bricht sie weg, haben Genießer ein Problem.

Für Thomas Kimasi geht es um die Existenz. Seine Zukunft hängt von dieser einen Pflanze ab, aber noch macht er sich keine Sorgen. Die volle Schüssel trägt er auf dem Kopf zur Nachbarfarm, zieht dort aus einem Schuppen eine rustikale Schälmaschine ins Freie. Es muss jetzt gekurbelt werden, um die frisch gepflückten „Cherries“ zu schälen: Heraus fallen silbrig-braune Bohnen zurück in die Plastikschüssel. Kimasi wäscht seine Ernte und legt sie zum Trocknen auf einer Plastikplane aus. Die Farmer interessieren sich nicht für die saftige Hülle der Früchte, sondern für ihr Inneres, was als Bohne vermarktet wird. Als die Arbeit getan ist, gönnt sich der Bauer eine Pause. Er setzt sich auf ein Holzbänkchen, breitet die Arme aus, überschlägt die Beine. „Hitze“, sagt Kimasi, „ist zwei, drei Wochen lang kein Problem.“ Dauere sie allerdings Monate, ändere sich das. Und auch die Trockenzeit dehne sich seit ein paar Jahren aus: Früher sei es von Oktober bis Januar trocken gewesen, inzwischen bis März. Zu spüren bekämen das vor allem die Tiere, die vier Kühe, sechs Schweine und sechs Ziegen auf seiner Farm müssten unter Umständen dürsten. Einen Brunnen gibt es nicht, die Familie sammelt Regen oder schöpft Wasser aus einem Fluss.

Dass es trockener werde, bemerkt Kimasi seit etwa zwanzig Jahren. Der Klimawandel ist ihm mittlerweile ein Begriff, aufgefallen ist ihm auch, dass sich die Regenzeit verschiebt. Eigentlich endet diese im Juni, spätestens im Juli, und im August beginnt eine zweite, schwächere. Immer häufiger überlappen sich die beiden Regenzeiten, und es regnet ununterbrochen, Kimasi kann dann die Kaffeebohnen nicht mehr trocknen. Manchmal dringe zwei Wochen lang keine Sonne durch, erzählt Kimasi. Ausgerechnet zur Erntezeit. Noch sind seine Erträge gut: Er produziert auf 12.000 Quadratmetern pro Jahr rund 10.000 Kilo Pergamentkaffee. Dieses Stadium ist nach dem Schälen, Waschen und Trocknen erreicht, wenn die Bohnen nur noch von einem dünnen Pergamenthäutchen umhüllt sind. Den Farmer als wohlhabend zu bezeichnen wäre übertrieben, aber er ist zufrieden. Die Ernte und sein Verdienst sind für ugandische Verhältnisse vergleichsweise hoch, für ein Kilo erhält Kimasi zwischen vier und sieben Euro. Die Farm erbte Thomas Kimasi 1987 von seinen Eltern, 15 Jahre will er selbst noch Kaffeebauer sein, „so Gott will“, und die Farm dann an seine Kinder weitergeben. Jeden Sonntag geht er in die anglikanische Kirche im Dorf, um für die Gesundheit seiner Familie und eine gute Ernte zu beten.

it Gebeten ist Loyce Neumbe nicht mehr zu helfen. Ihre Ernten werden zunehmend schlechter, der Regen bleibt aus. Die Farm der 58-Jährigen liegt 45 Autominuten talwärts am Mount Elgon im Dorf Bulegeni, auf einer Höhe von nur 1.100 Metern. Das sei das Problem, sagt die Bäuerin. Von ihren 774 Kaffeepflanzen bringen 280 nichts mehr ein, denn sie stehen unterhalb der aktuellen Wohlfühlgrenze für Arabica. Barfuß führt Loyce Neumbe ihre Besucher durch das Dickicht der Plantage, zum orange geblümten Kleid hat sie sich ein violettes Tuch um den Kopf gewickelt. Die Strasssteinchen darauf glitzern, wenn sie mit der Machete verdorrte Äste vom Stamm schlägt. Zu ernten gibt es wenig. Es ist zu warm für Coffea arabica. Das bedeutet Hitzestress, der unter anderem die Photosynthese stört. Auch bleibt den Pflanzen weniger Zeit, um Früchte zu bilden; die Reifezeit verkürzt sich, und darunter leidet der Ertrag.

Die Trockenzeit ist vorbei, doch Neumbe wartet seit einer Woche auf Regen. Wann er kommt? Sie weiß es nicht. „Nur Gott kann das entscheiden“, sagt sie. Was Klimawandel bedeutet, weiß sie nicht. Aber sie fühlt, dass etwas nicht stimmt. Manchmal ist es zu heiß, dann wieder zu nass. Manchmal tritt der Fluss hinter ihrer Farm über die Ufer und schwemmt Boden weg. Ist es lange Zeit nass, steigt der Grundwasserspiegel und setzt ihr Lehmhaus unter Wasser.

Loyce Neumbe ist Farmerin, seit sie denken kann. Schon als Kind half sie auf dem Feld mit, die Eltern zeigten ihr, wie man Kaffeepflanzen anbaut. Lesen hat sie nie gelernt, die Schule kaum besucht. Sie mag ihre Arbeit, und dass die Ernte geringer wird, bereitet ihr Sorgen. Aber den Anbau aufgeben? Das will Neumbe nicht. Sie muss alleine für sechs Kinder sorgen. Ihr Mann starb 2016 mit 56 Jahren, Herzinfarkt. Beerdigt hat sie ihn im Vorgarten, neben den Gräbern zweier Kinder, von denen eines an den Folgen der Sichelzellkrankheit starb, das andere an einer Lungenentzündung.

Wie hoch die Ernten sind, kann Loyce Neumbe nicht genau sagen. Ihren Lohn für den Rohkaffee beziffert sie auf 500.000 ugandische Schilling im Jahr, das sind umgerechnet 130 Euro; hinzu kommen vielleicht noch 60 Euro aus weiteren Einkünften – es reicht hinten und vorne nicht, manchmal hungert sie, um das Schulgeld für ihre Kinder zu bezahlen. Bildung ist ihr wichtig. Die Kinder sollen es einmal besser haben. Neumbe lebt unterhalb der Armutsgrenze, wie die Mehrzahl der 45 Millionen Einwohner: 

Neue Setzlinge brauchen etwa drei bis vier Jahre, bis sie Früchte tragen. Nach fünf bis acht Jahren liefert eine Kaffeepflanze höchste Erträge: 3.000 bis 4.000 Bohnen im Durchschnitt, und die Bäume können 50, 60 Jahre alt werden. Wichtig ist, dass die Gewächse umgeben sind von anderen Bäumen, die ihnen Schatten spenden. Deren Laub bedeckt zudem den Boden mit einer Mulchschicht, die den Wasserverlust reduziert und mit der Zersetzung nach und nach Nährstoffe abgibt. Eine Plantage in steilem, von Gräben durchzogenem Gelände ist von Vorteil: So fließt überschüssiges Wasser gut ab.

Dass die Pflanzung außerdem gut für die Umwelt ist, davon ist Aaron Davis überzeugt. Der 57-jährige Biologe forscht an den Londoner Kew Gardens, einem der berühmtesten botanischen Gärten der Welt. Kaffee ist sein Spezialgebiet, ständig ist er in Afrika unterwegs, mehrfach war er in Uganda. Doch der Klimawandel erschwert den Anbau zunehmend. Das ist nicht nur ein Gefühl, sondern lässt sich belegen. Die Durchschnittstemperatur in Uganda ist seit 1960 um 1,3 Grad gestiegen, seit dem 19. Jahrhundert sogar um zwei Grad. Gleichzeitig regnet es im Frühjahr immer weniger, jedes Jahrzehnt nehmen die Niederschläge um fünf Prozent ab. Schreitet der Klimawandel weiter voran, werden Plantagen in tieferen Lagen nicht mehr rentabel. Neben einer höheren Temperatur hätten auch längere Trockenzeiten negativen Einfluss auf den Kaffeeanbau, sagt Davis. „Wenn die Regenzeit verspätet ist oder bei ihrem Beginn nicht genug Regen fällt, kann sich die Frucht nicht richtig oder gar nicht entwickeln.“ Auf lange Sicht gefährdet der Klimawandel also den Genuss. „Coffea arabica hat nicht das Potential, um sich langfristig an den Klimawandel anzupassen“, sagt Davis, der deshalb die größte Aufgabe jetzt darin sieht, dass sich Farmer anpassen müssen. Habe ein Großvater vor ein paar Jahrzehnten jedes Jahr eine gute Ernte gehabt, sei das bei seinem Enkel heute nur noch alle drei Jahre der Fall.

Und dann ist da noch Coffea canephora, besser bekannt als Robusta, die bis 1.500 Meter Höhe wächst. Sie stammt aus Westafrika und wird erst seit dem 18. Jahrhundert kultiviert. Jährliche Durchschnittstemperaturen bis 26 Grad hält Robusta aus, ihr Aroma reicht allerdings nicht an jenes der Arabica-Pflanze heran, die derzeit den Spezialitätenmarkt allein beherrscht und die höchsten Preise erzielt. Kaffeeexperte Davis setzt daher lieber auf andere Arten, die an das Geschmacksniveau von Arabica heranreichen. Seine Hoffnungen stützt er auf ein Erlebnis aus dem Jahr 2018. In Sierra Leone stießen er und sein Team nach mehreren Stunden Marsch durch dichten Wald auf einen Bestand an C. stenophylla. Diese Art wurde seit den 1950er-Jahren nicht mehr in der Wildnis gesichtet, ihren Bohnen attestiert Davis einen exzellenten Geschmack mit historischen Belegen, viel besser noch als der von Arabica.

Stenophylla fühlt sich auch auf gerade mal 400 Meter Höhe wohl, und Durchschnittstemperaturen bis 25 Grad sowie Trockenheit machen ihr nichts aus. Doch ihr Anbau wurde vor fast hundert Jahren aufgegeben, die Art ist vom Aussterben bedroht, und es wäre nicht einfach, sie wieder am Markt zu etablieren. Davis kennt eine besser geeignete Alternative: Coffea liberica. Ihr Marktanteil liege zwar nicht einmal bei einem Prozent, aber sie könne ein ähnlich hohes Geschmacksniveau erreichen wie Arabica – und wie Robusta eine deutlich höhere Jahresdurchschnittstemperatur vertragen. In Uganda würden manche Bauern bereits auf Liberica-Kaffee umstellen, sagt Davis. Und was können Kaffeebauern tun, die weiterhin auf Arabica setzen? Für sie gebe es nur zwei Optionen, sagt Davis: weiter oben am Berg anbauen und mehr Schatten schaffen, mulchen sowie bewässern. Das Großklima kann man so nicht beeinflussen, das Mikroklima in einer Plantage aber sehr wohl.

Thomas Kimasi und Loyce Neumbe verkaufen einen Teil ihrer Bohnen an eine deutsche Start-up-Firma mit Sitz in Hannover: „Mulembe Kaffee“, ein Vertrieb mit Ladencafé. 2019 gegründet, hat das Unternehmen heute sechs Mitarbeiter und bezieht seine Kaffeebohnen ausschließlich aus Uganda, und zwar von 44 Farmen am Mount Elgon. Mulembe bietet Spezialitätenkaffee an, das heißt, dieser erreicht mindestens 80 von 100 Punkten bei einem Bewertungsverfahren, dessen Kriterien die Specialty Coffee Association herausgibt. Die Aromen sind fein und süß, defekte Bohnen werden vor der Röstung sorgfältig aussortiert. Liegt der sogenannte Cupping-Score unter 80, handelt es sich um gewöhnlichen Kaffee, der meist die Supermarktregale füllt. 

Mit dem Ausdruck „Mulembe“ grüßen sich die Menschen am Mount Elgon, das bedeutet etwa: „Hallo, ich komme in friedlicher Absicht.“ Nach eigenen Angaben bietet Mulembe-Kaffee den Bauern die höchsten Marktpreise, und fünf Euro je verkauftem Kilo Röstkaffee fließen in eigene Projekte in Uganda, um die Produktionsbedingungen und auch die Lebensverhältnisse der Farmer zu verbessern. Sie erhalten Wasserfilter, Bienenstöcke, Unterstützung beim Renovieren ihrer Häuser und neue Arbeitsfelder wie Kakao und Vanille. Jeder Farm kauft das Start-up eine garantierte Menge, aber nicht die komplette Ernte ab; in den vergangenen zwei Jahren wurden jeweils mehrere Tonnen Bohnen nach Deutschland importiert.

Zwei Mitarbeiter des Start-ups stammen aus Uganda. Einer von ihnen ist Derick Malinga, 26 Jahre alt, verheiratet, eine Tochter. Er berät die Kaffeebauern, wie sie klimawandelgerecht anbauen können, und pflanzt selbst Kaffee an. Wie, das zeigt er bei einem Besuch auf seiner Farm am Mount Elgon in Buginyanya, Distrikt Bulambuli. Erst schaufelt Malinga Kuhdung und Erde in ein Loch, dann setzt er ein Pflänzchen hinein. Zuletzt bedeckt Malinga den Boden mit Stroh. In gut drei Jahren soll die Pflanze Früchte tragen. Malinga ist am Mount Elgon aufgewachsen, als Kind arbeitete er auf der Kaffeefarm seines Vaters. Später vermachte dieser ihm zwei Anbauflächen, zwei weitere kaufte er dazu: 841 Kaffeepflanzen wachsen auf all den Feldern, erzählt Malinga stolz. Er hat in Uganda Agrarwirtschaft studiert, die Pflänzchen stehen bei ihm in schönster Ordnung. 

Auf seiner Farm wachsen zudem Bananenstauden und Avocadobäume, im Vorgarten grast eine Kuh. Wenn Malinga die Kaffeeproduzenten für „Mulembe“ besucht, gibt er ihnen Tipps, wie der Boden beschaffen sein muss. Und er hilft, wenn sie mit Pilzkrankheiten oder dem gefürchteten Kaffeekirschenkäfer (Hypothenemus hampei) zu kämpfen haben. Der winzige afrikanische Borkenkäfer mag es heiß und trocken. Seine Spezialität ist es, sich bis in die Kaffeebohne vorzubohren, und so bedroht der Schädling weltweit den kommerziellen Kaffeeanbau. Laut Experten profitiert das Insekt besonders von den steigenden Temperaturen in Ostafrika und schlägt dort zu, wo Bäume viel Sonne ausgesetzt sind. Die Verluste durch diese Plage werden weltweit auf 500 Millionen Euro im Jahr geschätzt.

Ist eine Bohne vom Kaffeekirschenkäfer befallen, wird sie spätestens in Mbale aussortiert. Die 75.000-Einwohner-Stadt liegt westlich am Fuße des Mount Elgon. Ihr Wahrzeichen sind zwei Kaffeebohnen, die einen Kreisverkehr zieren. Die Hauptstraße ist asphaltiert, und jeder will hier etwas verkaufen: Lebensmittel, Kleidung, Guthaben für Telefonkarten oder eine Taxifahrt auf dem Motorrad, den Bodabodas. 

In einem Industriegebiet der Stadt sind sechs Kaffeefabriken angesiedelt. Sie bereiten zuvor in den Bergen geschälte, gewaschene und getrocknete Kaffeebohnen in 60-Kilo-Säcken für den Export vor. Bohnen werden auf Defekte kontrolliert und nach Größe sortiert.

In einer der Fabrikhallen arbeiten sechs Frauen, sie sitzen auf dem Boden, um sich Berge von Bohnen. Leere Säcke dienen als Unterlage, im Sonnenlicht, das in die Halle fällt, tanzt der Staub. Es riecht nach Maschinendampf und Röstaromen, aus einer anderen Halle dringen dumpfe Geräusche. 

Die Arbeiterinnen streichen mit ihren Händen über die Kaffeebohnen, nehmen eine Handvoll auf, suchen nach Unregelmäßigkeiten, bevor sie Portion für Portion sieben. Zur Haupterntezeit zwischen August und Januar kommen von den Farmen täglich 1,2 bis 1,5 Tonnen Kaffeebohnen in der Fabrik an, jetzt, Anfang April, ist es vergleichsweise ruhig. Im Lager stehen mehrere Dutzend Säcke mit dem Aufdruck „Mulembe“ – prall gefüllt mit Rohkaffee, bereit für den Export: Es ist die am Mount Elgon georderte Ernte. Lastwagen bringen die Säcke in die kenianische Hafenstadt Mombasa, dort werden sie auf ein Schiff verladen.

In einer der Fabrikhallen arbeiten sechs Frauen, sie sitzen auf dem Boden, um sich Berge von Bohnen. Leere Säcke dienen als Unterlage, im Sonnenlicht, das in die Halle fällt, tanzt der Staub. Es riecht nach Maschinendampf und Röstaromen, aus einer anderen Halle dringen dumpfe Geräusche. Die Arbeiterinnen streichen mit ihren Händen über die Kaffeebohnen, nehmen eine Handvoll auf, suchen nach Unregelmäßigkeiten, bevor sie Portion für Portion sieben. Zur Haupterntezeit zwischen August und Januar kommen von den Farmen täglich 1,2 bis 1,5 Tonnen Kaffeebohnen in der Fabrik an, jetzt, Anfang April, ist es vergleichsweise ruhig. Im Lager stehen mehrere Dutzend Säcke mit dem Aufdruck „Mulembe“ – prall gefüllt mit Rohkaffee, bereit für den Export: Es ist die am Mount Elgon georderte Ernte. Lastwagen bringen die Säcke in die kenianische Hafenstadt Mombasa, dort werden sie auf ein Schiff verladen.

Nach einigen Wochen auf hoher See erreicht die Ernte den Hamburger Hafen. Von dort ist es nicht mehr weit in das kleine Ladencafé Mulembe im Hannoveraner Stadtteil Limmer. Hier ist Anfang Mai die Inhaberin Anna Lina Bartl anzutreffen, als sie gerade Bohnen von Thomas Kimasi aufbrüht. Sie reicht eine Tasse über den Tresen. Fruchtig und leicht nussig schmeckt das Ergebnis, eine milde und ziemlich ausgewogene Mischung.

Das Kaffeehandwerk hat die 31-Jährige in einer Rösterei gelernt, da war sie noch Schülerin. Ihr Interesse war geweckt, sie studierte Ökotrophologie und Agrarwissenschaft. Für ihre Masterarbeit reiste sie erstmals nach Uganda, knüpfte Kontakte und schaute sich den Anbau aus nächster Nähe an. Später forschte sie am Mount Elgon über den Klimawandel und veranstaltete Workshops für die Farmer. Vor vier Jahren gründete Bartl ihr Kaffee-Start-up, und die Bauern sind für sie nicht irgendwelche Produzenten, sondern ein wichtiger Teil der Wertschöpfungskette.

Anna Lina Bartl hält engen Kontakt mit ihren Kaffeebauern und bietet Fortbildungen an. Der Markt setze immer mehr auf Qualität. Aber dafür seien in erster Linie die Farmer verantwortlich und nicht die Röster. „Rösten ist wirklich nicht schwer“, sagt Bartl und bittet in den Hinterhof, wo sich ihr Lager befindet. Kaffeesäcke lagern hier bis unters Dach, die neue Röstmaschine steht gleich neben dem Eingang. „Sehen Sie“, sagt sie und blickt auf das Display, der gesamte Röstprozess werde von einem Computer überwacht. Und dennoch würden weiterhin die großen Kaffeeunternehmen die Preise bestimmen und die Farmer mit Langfristverträgen knebeln. Sie ist angetreten, um das zu ändern.

Folgen des Klimawandels: Dem Kaffee wird es schlicht zu warm

Dem Kaffee wird es schlicht zu warm

Für ihr Aroma und das Koffein werden die gerösteten Bohnen heiß geliebt. Aber der Klimawandel macht den Kaffeepflanzen zunehmend zu schaffen – und die Bauern ernten weniger. Ein Besuch in Uganda.

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