Gemüse aus dem Keller: Tomaten, zur Sonne!

2022-06-10 17:37:06 By : Ms. Admin Tina

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Wenn die Tomate im Keller fault, dann muss sie wohl oder übel nach draußen. Bild: dpa

Der Indoor-Anbau von Salat war leicht. Deshalb haben wir uns an Auberginen und Tomaten gewagt. Jetzt wissen wir: Auch die Grow-Box ist keine heile Welt.

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E rinnern Sie sich noch? Im Februar hatten wir in unserem Keller ein sogenanntes Grow-Zelt aufgestellt, um darin Salatsetzlinge großzuziehen. Es war ein Experiment. Gerade mal 120 (Breite) mal 60 (Tiefe) mal 150 (Höhe) Zentimeter misst dieser, im Cannabisanbau bewährte Wachstumsbehälter. Gut acht Wochen lang sind die Pflänzchen in der Box aus festem Polyester störungsfrei gewachsen. Der Pflegeaufwand: ein Witz. Der Einsatz mit der Gießkanne: selten. Gut, der Stromverbrauch lag um die 2 Euro pro Gewächs. Dafür allein bekommt man im Discounter schon zwei, wenn nicht drei Salate. Dafür aber herrscht im mit einer Lüftungsanlage ausgestattenen Zelt unter zwölf Stunden LED-Beleuchtung ideales Salat-Wachstums-Klima. Entsprechend geriet die Ernte des so knackigen wie üppigen Lollo der Sorten Rosso und Biondo zum Triumph. Weswegen wir uns als nächstes an Auberginen und Tomaten versucht haben. Ach, wären wir doch nur beim Salat geblieben.

Doch wir haben groß getönt und Nils Andreas, Chef von „Samen Andreas“, der unsere Experiment mitgeplant und eingerichtet hatte, nimmt uns beim Wort. Ende April hält er je zwei Zwergtomaten- und zwei Auberginen-Setzlinge bereit. „Alles wie gehabt“, verspricht er. „Allerdings müsst ihr jetzt Bienchen spielen“. Das heißt, wenn die Tomaten blühen, müssen wir mit Hilfe eines kleinen Pinsels die Blüten bestäuben. „Denn auf Insekten könnt ihr im Zelt nicht zählen.“ Wenn der wüsste!

Im Zelt ist es mit Salat, Eierpflanzen und Tomaten so eng, dass das Gießen nicht leicht ist. Prompt herrscht bei der nächsten Kontrolle eine muffig-feuchte Atmosphäre. Die Blätter der Tomatenpflanzen sehen verdächtig ungesund aus, später werden sie matschig. Doch weil sich erste Blüten zeigen, sorgen wir uns zunächst nicht und gehen mit dem Pinsel ans Werk. Zwei Tage später allerdings sehen sie trotz Blütenpracht noch kränker aus – und im Zelt haben sich ungebetene Gäste eingenistet. Als wir es öffnen, flattern drinnen kleine Motten und Mückchen. Wo um alles in der Welt kommen die nur her?

Wir beschließen, Platz zu schaffen und den Salat ins Freie umzusiedeln. So fallen auch die Pfützen auf dem Zeltboden auf. Obwohl wir sie trockenlegen, geht es mit Tomaten und Auberginen rasant bergab. Nach der Rückkehr aus einem verlängerten Wochenende ist die Stimmung angesichts der Situation im Zelt im Keller: Eine Tomatenpflanze sieht elend aus, die andere ist so gut wie verfault. Ersatz muss her. Doch als auch dieses Prachtexemplar zu schwächeln beginnt, sehen wir nur einen Ausweg: Gemüse, zur Sonne, zur Freiheit! Draußen zeigt das Thermometer an die 30 Grad. Im Keller wird der Stecker gezogen und das Grün raus auf die Fensterbank gestellt. Die Sonne muss ran: Keime töten, die Feuchtigkeit vertreiben (die Motten gleich mit) und die Pflanzen wachsen und reifen lassen; in Ordnung bringen, was wir mit unserem Dilettantismus vermurkst haben. Denn Indoor-Anbau gilt schließlich als sichere Sache. Was für ein Debakel.

Nico Domurath lacht, als wir von unserem gärtnerischen Misserfolg erzählen. „Die Fehler, die der Mensch macht, sind eine Sache, die andere Krankheiten und Schädlinge. Die sind omnipräsent, die können Sie nie ganz fernhalten“, sagt der Chef der Gartenbauabteilung von Infarm. Das Berliner Start-up zählt in Deutschland zu den Pionieren des Indoor-Farming. Das Unternehmen hat sich auf den Anbau von Blattgemüse und Kräutern in Wachstumsschränken unter LED-Licht spezialisiert, die in Restaurantküchen, Supermärkten und Lagerhallen stehen.

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Domurath räumt auf mit der Vorstellung von der heilen Welt im Indoor-Garten. Auch wenn die Pflanzen in Containern, Glasboxen oder Grow-Zelten unter kontrollierten Bedingungen wachsen und weder Starkregen noch Dürre ihnen etwas anhaben können, bleibt das Risiko von Krankheit und Schädlingsbefall. Manche Plage schleppt der Mensch ein, andere steckt im Saatgut – oder in der Erde, wenn welche verwandt wird. Laien sehen erst im Laufe der Zeit, welche Pflanze sich gut macht und welche Symptome zeigt. Profi-Gemüseanbauer dagegen analysieren gleich zu Anfang des Risiko. Das geht bei der Auswahl des Saatguts und der Bezugsquelle los und endet nicht bei Proben, die im Labor gezogen werden. Auch danach gibt es immer wieder Kontrollen. So werden Anfälligkeiten erkannt und die Verhältnisse im Zelt entsprechend angepasst, damit Krankheiten sich nicht ausbreiten und Schädlinge sich dort unwohl fühlen.

In Zukunft leben 9 Milliarden Menschen auf der Erde. Wie werden sie satt, ohne dass der Planet kollabiert? Ein Jahr lang suchen wir Antworten.

Wie im Garten gehören Mehltau und Läuse auch im Indoor-Farming zu häufigen Plagen. Mit Pflanzenschutzmitteln gegen sie vorzugehen ist den Produzenten nicht erlaubt. Zur Unternehmensphilosophie von Infarm würde der Gifteinsatz ohnehin nicht passen. Taucht Mehltau auf, wird zum Beispiel die Luftfeuchtigkeit gesenkt. „Das muss man austarieren, denn für die Pflanzen muss es auch passen“, erläutert der Gartenbau-Fachmann. Schädlingen machen er und seine Kollegen das Leben schwer, indem sie das Klima und die Tageslänge verändern. „Unsere besten Mitarbeiter aber sind Nützlinge wie Schlupfwespen“, scherzt Domurath. Auch im Wachstumsschrank wird der Kampf mit den Waffen der Natur geführt. Allerdings ist es gar nicht so einfach, zu bestimmen, mit welcher der vielen Lausarten man es zu tun hat – und den passenden Feind auszuwählen.

Und unser Kellergemüse? Seit zwei Wochen steht es geschützt auf der Sonnenseite. Die Auberginen haben Blüten, und an den Tomaten bilden sich erste Früchte. Im Zelt war es für sie eindeutig zu feucht. Da müssen wir beim nächsten Versuch besser drauf achten. Vielleicht wäre auch ein einfaches Bewässerungssystem hilfreich. Nils Andreas hat da so eine Idee. Aber mit der beschäftigen wir uns erst, wenn der Herbst kommt.

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Gemüse aus dem Keller: Tomaten, zur Sonne!

Gemüse aus dem Keller

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