Forschungsprojekt entwickelt neue Wuchshüllen
Sie sind ein ungelöstes Problem: Millionen Plastik-Wuchshüllen, die im Wald junge Bäume vor gierigen Rehmäulern schützen. Denn oft bleiben die Hüllen im Wald und zersetzen sich.
Professor Sebastian Hein von der Forsthochschule Rottenburg will das ändern. Er forscht an neuen Wuchshüllen aus biologisch abbaubarem Material. In einem Jahr will er erste Ergebnisse haben.
Es gibt sie seit den 70er Jahren: Wuchshüllen aus Plastik. Erfunden habe sie ein Engländer, sagt Sebastian Hein, und sie haben seitdem einen regelrechten Siegeszug erlebt. Kein Wunder, denn die Wuchshüllen lösen ein Problem vieler Förster: Sie schützen junge Bäume vor Rehverbiss. Aber nicht nur das. Gleichzeitig herrscht in den durchsichtigen Hüllen auch noch ein Mikroklima wie in einem Treibhaus. Und das lässt die Setzlinge besonders schnell wachsen. Das ist zum Beispiel interessant, wenn es gilt, klimaresistenten, aber langsam wachsenden Bäumen wie der Eiche einen Startvorteil gegenüber schnell keimenden Fichten zu verschaffen. Die Plastik-Wuchshüllen sind billig und wegen ihres geringen Gewichts leicht zu transportieren. Doch das Plastik hat schlimme Folgen für den Wald.
Die Hüllen stehen in der Regel rund sieben Jahre im Wald - bis der Setzling groß genug ist, so dass die Rehe seine Spitze nicht mehr abfressen können. In dieser Zeit werden Schadstoffe aus dem Plastik ausgewaschen, erklärt Studentin Eileen Ottilige, die zusammen mit Sebastian Hein an Alternativen zum Plastik forscht. So gelangen zum Beispiel Weichmacher in den Boden. Viele Wuchshüllen zersetzen sich aber auch im Laufe der Jahre, weil das Plastik spröde wird. Kleine Teilchen fallen zu Boden und gelangen in die Erde, wo sie zu Mikroplastik werden. Das Mikroplastik gelangt so ins Grundwasser und in die Nahrungskette. Auch wir essen und trinken Mikroplastik. Viele Wissenschaftler vermuten, dass das gesundheitsschädlich ist.
Oft holen Förster und Privatwaldbesitzer die Wuchshüllen auch gar nicht mehr aus dem Wald. Sie lassen sie komplett zerfallen. Das bedeutet noch mehr Müll und noch mehr Plastik im Boden, bedauert Sebastian Hein von der Forsthochschule Rottenburg. Er will das ändern. Alternativen zum Plastik gebe es bislang nicht wirklich: Holzgitter verrotten zu schnell. Außerdem sind sie schwer und daher nicht gut für den Transport im Wald geeignet. Drahtgitter wären eine gute Lösung, doch die sind teuer und haben sich deshalb am Markt nicht durchgesetzt.
Es gebe auch Wuchshüllen aus Pappe, sagt Hein. Aber die halten nicht lange, werden gern von Mäusen angeknabbert und lassen außerdem zu wenig Licht zum Setzling vordringen. Die Bäumchen wachsen in solchen Wuchshüllen deshalb schlecht oder gehen sogar ein.
Im Rahmen eines Forschungsprojekts testen Professor Hein und sein Team jetzt Wuchshüllen aus pflanzlichen Bestandteilen - etwa aus Maiskolben oder Zellulose. Ein Prototyp wird bereits auf vier Versuchsflächen getestet: im Schwarzwald, in Bayern, Nordrhein-Westfalen und Sachsen. Er wurde speziell für das Forschungsprojekt entwickelt und soll alle Anforderungen erfüllen: Er muss stabil, lichtdurchlässig und leicht sein. Die Freiflächenversuche werden zeigen, ob sich die neue, biologisch abbaubare Wuchshülle bewährt, wenn UV-Strahlung, Hitze, Kälte und Nässe ihr zusetzen.
Gleichzeitig wird die neue, biologisch abbaubare Hülle auch in einem Labor unter Extrembedingungen getestet, sagt Hein. Sozusagen im Zeitraffer. In einem Jahr wollen die Forscher der Forsthochschule Rottenburg erste Ergebnisse haben, um abschätzen zu können, ob die neue Wuchshülle tatsächlich die Lösung für ein Plastik-Problem im Wald sein kann.
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